Das Wesen des Hundes – Der Charakter Test
Alle Welpen, die bei uns auf die Welt kommen durchlaufen einen Wesenstest, und zwar vom ersten Tag an. Hunde haben, genauso wie Menschen eine Persönlichkeit. Damit Hund und Herrchen auf Dauer glücklich werden, ist es daher wichtig, dass beide so gut wie möglich harmonieren. Dadurch lässt sich unter anderem später auftretendes Fehlverhalten vorbeugen. Bisher findet man noch nicht sehr viele Züchter, die einem detailliert Auskunft geben können über das Temperament der einzelnen Welpen im Wurf innerhalb der ersten Lebenswochen. Für uns als Züchter ist das jedoch ein wichtiger Bestandteil und macht die Suche nach geeigneten Zuchttieren durchaus schwierig. Für Blinden- und Hilfshunde ist die Wesensbeurteilung das A&O bei der Auswahl von geeigneten Hunden und für die Zucht. Bei den meisten Züchtern beginnt die genauere Betrachtung von Wesensmerkmalen in der 6. oder 7. Woche, dabei lassen sich ab dem Tag der Geburt bereits allerhand Rückschlüsse in Temperament und Verhalten beobachten. Manchen genügt selbst die Einschätzung der Elterntiere, uns nicht. Wir wählen daher auch die Züchter unserer Zuchttiere kritisch aus. Und auch dann dauert es noch anderthalb Jahre bevor überhaupt feststeht, ob der Hund sich zur Zucht eignet. Gesundheit und Temperament haben Priorität.
Warum ist uns das so wichtig?
Aus Untersuchungen weiß man inzwischen, dass das Temperament des Hundes zu 100% genetisch festgelegt ist. Durch Aufzucht und entsprechendes Training lässt sich das Verhalten in gewissem Maße formen, letztendlich wird ein Hund jedoch in einer Stresssituation immer in sein persönliches Verhaltensmuster zurückfallen. Die biologischen Temperamentsmerkmale sind dabei unveränderlich.
Das Temperament des Welpen spielt somit eine ausschlaggebende Rolle bei der Auswahl des neuen Besitzers und umgekehrt. Unser Wesenstest basiert auf der Grundlage des RAW dog™ Prinzips, welches den Rassemerkmalen unserer Hunde am nächsten kommt. Wir arbeiten mit einer modifizierten Form, da unsere Hunde geringfügig vom ursprünglichen Modell, welches vom Dire Wolf Project für den American Alsatian entwickelt wurde, abweichen.
Angenommen wir stellen uns als Zuchtziel einen familientauglichen Knuddelbären in Form eines Schäferhundes vor, so gehen wir aufgrund des Test Konzepts davon aus, dass die ‚ungewünschten‘ Eigenschaften dominant vererbt werden. Daher ist es wichtig, die Elterntiere sehr sorgfältig anhand der gewünschten Wesensmerkmale auszuwählen, um ungewünschte Eigenschaften von vornherein auszuschließen. Im Gegenzug sind gerade diese Eigenschaften (für den Knuddelbären ungewünscht) für einen anderer Züchter sehr hilfreich, zum Beispiel für die Zucht eines wachsamen, triebkräftigen Polizeihundes mit entsprechendem Arbeitseifer. Da der neue Welpen Besitzer jedoch erst nach der ‚ach guck wie lieb‘ Welpen Phase ab dem 6. Lebensmonat mit der auf Hochtouren entwickelnden Persönlichkeit des Welpen konfrontiert wird, kann es sehr schnell zur Unzufriedenheit beim Welpen Besitzer und Hund kommen, weil Herrchen oder Frauchen das so nicht erwartet haben. Umso wichtiger ist es dann, dass ein Züchter die prädestinierten Wesensmerkmale des Welpen erkennen kann. Schau Dir die Welpen beim Züchter immer genau an und stell viele Fragen. Wenn Dir ein Züchter einen Welpen empfiehlt, muss das nicht unbedingt sein, dass er Dir etwas aufschwatzen will. Manchmal ist es somit durchaus sinnvoll, sich die Empfehlung des Züchters mal etwas ausführlicher anzuhören.


Die verschiedenen Charaktereigenschaften des Hundes
Das Verhaltensprofil eines Hundes wird durch 2 Faktoren bestimmt: Der genetisch festgelegten Temperamentsmerkmale, die auf unterschiedliche Weise vererbt werden und dem erlerntem Verhalten, z.B. durch Training, Aufzucht und des täglichen Umfelds. Aus diesem Grund ist das Profil des jeweiligen Hundes in 2 Kategorien eingeteilt. Dem Temperaments-Profil (vererbt) und dem Persönlichkeits-Profil (erlerntes Verhalten in Kombination mit dem individuellen Temperament des Hundes). In den orangefarbigen Feldern werden die Eigenschaften angegeben, von denen wir (und der Entwickler dieses Konzepts) glauben, dass sie unabhängig voneinander vererbt werden. Auf einer Skala von 1-10 werden links die rezessiv vererbten Eigenschaften angegeben und rechts die dominanten. Anhand der Vielfalt jedes einzelnen Phänotyps ist eine polygene Vererbung sehr wahrscheinlich. Daher werden die Merkmale mittels einer variablen Skala wiedergegeben. Somit kann bei einem heterozygoten Genotyp des Hundes die dominant vererbte Eigenschaft überwiegen. Das kann jedoch auch bedeuten, dass die phänotypisch dominante Eigenschaft unvollständig ist und dadurch bei einem heterozygoten Genotyp des Hundes die rezessiven Eigenschaften in gewissem Maße überwiegen.
Das Persönlichkeitsprofil prägt das vollständige Bild des Hundes, bestehend aus täglicher Routine, abhängig von Aufzucht, Training und erlerntem Verhalten innerhalb der Lebensumgebung des Hundes in Kombination mit dem genetischen Temperamentsprofil. Im Persönlichkeitsprofil nehmen wir die für den Welpen Besitzer und den Züchter interessantesten Situationen in Betracht. Kein Hund ist dem anderen gleich. Zwei Hunde (z.B. Wurfgeschwister) derselben Rasse, die in dergleichen Umgebung aufwachsen und dieselbe Trainingsmethode erfahren haben, können anhand ihres individuellen Temperaments eine vollkommen unterschiedliche Persönlichkeit entwickeln.
Temperaments-Profil
Unterwürfig ⇔ Dominant
Ein sehr unterwürfiger Hund ist in der Regel einfacher zu trainieren. Bei Aufregung rollt er sich eventuell auf den Rücken oder macht ein Pfützchen. Sie fügen sich schneller und haben meistens kein großes Interesse die Führung zu übernehmen. Dominante Hunde sind dagegen meist selbstbewusst und haben ihren eigenen Willen. Sie schrecken nicht schnell zurück und reagieren abwartend, wenn sie mit Außenreizen konfrontiert werden.
Freundlich ⇔ Aggressiv
Ein freundlicher Hund reagiert offen und freut sich jeden begrüßen zu dürfen. Fröhlich wedelnd und hechelnd zieht er Aufmerksamkeit auf sich. Ein neutraler Hund interessiert sich nicht besonders für andere Menschen oder Hunde. Wird er angesprochen oder kontaktiert, dann wird er mit einem leichten Wedeln oder Augenkontakt signalisieren, dass er den anderen wahrgenommen hat. Trotz seinem mangelnden Interesse, ist er weder ängstlich, noch ausweichend und wird freundliche Gesten des anderen akzeptieren. Ein aggressiver Hund wird bei einer Kontaktaufnahme sehr wahrscheinlich Blickkontakt halten und das Nackenfell aufstellen. Bleibt die Warnung unbeachtet, wird er zähnefletschend in einer Vorwärtsbewegung versuchen, das Gegenüber zu verjagen. Diese Form von Aggression sollte nicht mit Nervosität des Hundes verwechselt werden, auch wenn beide sich ähneln.
Ruhig ⇔ Lebhaft
Ausgeglichene Hunde verbringen die meiste Zeit mit schlafen, herumliegen oder gucken in der Weltgeschichte herum. Sie sind nicht sonderlich bewegungsfreudig. Hyperaktie Hunde sind dagegen ständig in Bewegung. Sie wollen graben, kauen, rennen, jagen und entdecken. Hierbei ist es recht schwierig genetisch festgelegte Hyperaktivität mit der ‚normalen‘ hohen Energie die ein Hund haben kann zu unterscheiden. Da Hyperaktivität eine ungewünschte Eigenschaft ist, schließen wir diese Hunde prinzipiell von der Zucht aus.
Uninteressierte ⇔ Wachsam
Uninteressierte Hunde nehmen ihre Umgebung nur bedingt wahr. Sie schauen nicht um sich herum und nehmen ihre Umgebung so auf wie sie ist. Sie reagieren impulsiv, fröhlich oder trampelig. Manchmal bellen sie ohne Grund. Aufmerksame Hunde dagegen sind sich jeder Kleinigkeit in Ihrer Umgebung bewusst. Sie reagieren direkt, hören die kleinsten Geräusche und nehmen jede noch so kleine Bewegung wahr. Aufmerksame Hunde sind daher in der Regel gute Wachhunde.
Selbstbewusst ⇔ Unsicher
Ein selbstbewusster Hund reagiert in der Regel minimal oder überhaupt nicht auf ein unerwartetes Ereignis. Er bleibt so ziemlich in jeder Situation entspannt. Er untersucht unbekannte Menschen oder Situationen um sie näher kennenzulernen. Ein unsicherer Hund reagiert meistens zurückhaltend bei unbekannten Menschen, Hunden oder anderen Reizen und kann mit unterschiedlichen Signalen reagieren (gähnen, Schnauze lecken, wegdrehen, flüchten oder anfallen). Er ist geräuschempfindlich, reagiert auf Bewegungen und unternimmt in der Regel keine Versuche um das Unbekannte zu untersuchen. Dafür reagiert er jedoch häufig aus Reflex ohne sich den Konsequenzen bewusst zu sein. Je größer der Hund, desto heftiger ist häufig die Reaktion. Ist die Unsicherheit beim Hund genetisch verankert, kann diese weder durch Training oder Therapie behoben werden. Dieser Hund benötigt einen selbstbewussten Besitzer. Dieser Typ Hund mag zwar auf den ersten Blick als ein guter Wachhund erscheinen, durch mangelndes Selbstbewusstsein und seinem reflexartigen, reaktivem Verhalten ist dieser bei unsachgemäßer Führung jedoch eine Gefahr für sein Umfeld. Die zweite bekannte Variante von Unsicherheit entsteht durch mangelhafte Sozialisierung oder schlechte Erfahrungen. Hier kann das entsprechende Training oder eine Therapie zur Verbesserung führen und in manchen Fällen zur vollständigen Behebung. Zeigt sich ein Hund innerhalb der ersten 18 Monate als ängstlich oder unsicher, schließen wir diesen von der Zucht aus.
Anhänglich ⇔ Selbständig
Der anhängliche Hund möchte gern gefeiert werden und wird alles tun um zu gefallen oder ein Lob zu bekommen. Der eine oder andere wird für diesen Verhaltenstyp das Wort Loyal gebrauchen, dieses Verhaltensmuster geht jedoch weiter als Loyalität, nämlich dem genetisch festgelegten Verlangen sich an jemanden oder etwas zu binden. Ein selbstständiger Hund hat seine eigene Vorstellung von einer Aufgabe oder eines Territoriums, sowie z.B. ein Hütehund. Dieser hat von Natur aus ein Verlangen um das zu tun was in dem Moment für die Herde am effektivsten ist. Ihm macht es nichts aus, dass er sich nicht in der Sichtweite seines Herrchens befindet und bewegt sich frei, nach eigenem Ermessen. Dieser Typ Hund hat kein Interesse daran ob er anderen gefällt und folgt seinem Instinkt. Sie haben ihren eigenen Willen und binden sich nicht sonderlich an den Menschen.
Träge ⇔ Triebstark
Diese Kategorie umfasst sowohl Beuteverhalten als auch Spiel, da beide sehr nah aneinander liegen. Ein antriebsarmer Hund fordert nicht zum Spiel auf, sondern muss erstmal animiert werden. Er zeigt kein Interesse am holen einer Frisbee oder dem Ballspiel. Ein triebstarker Hund jagt bewegenden Objekten hinterher, er greift, zieht und schüttelt am Spielzeug/der Beute und er kann sich lange damit beschäftigen bis er keine Lust mehr hat. Im Hundesport und Schutzdienst sind triebstarke Hunde besonders geschätzt.
Unempfindlich ⇔ Sensibel
Ein unempfindlicher Hund stemmt sich ohne Weiteres mit vollem Gewicht in die Leine und reagiert minimal auf körperliche Einflüsse. Sanfte Berührungen werden kaum wahrgenommen und der Hund lässt sich ziemlich herumziehen bevor er reagiert. Sensible Hunde reagieren dagegen bereits auf sanfte Berührungen oder Korrekturen.
Schusssicher ⇔ Geräuschempfindlich
Schusssichere Hunde lassen sich durch laute Geräusche nicht ängstigen (Gewehrschüsse, vorbeifahrende Züge, Baumaschinen, Feuerwerk oder Unwetter). Geräuschempfindliche Hunde können darauf jedoch ängstlich reagieren durch z.B. bellen, winseln oder sich verstecken. Obwohl Nervosität einen Teil dieser Kategorie ausmacht, kann auch ein selbstbewusster Hund durchaus geräuschempfindlich sein und ängstlich reagieren bei Unwetter oder Feuerwerk, sollte dies nicht verwechselt werden mit einem Hund der nervös auf unbekannte Situationen reagiert.
Hohe Schmerzgrenze ⇔ Niedrige Schmerzgrenze
Hunde mit hoher Schmerzgrenze scheinen Schmerzunempfindlich zu sein. Dieser Typ Hund wird es sich äußerlich vermutlich nicht ansehen lassen, wenn er krank oder verletzt ist. Auch beim Tierarzt wird er sich beim Verabreichen einer Spritze kaum zucken. Dagegen wird ein Hund mit niedriger Schmerzgrenze mit jaulen oder humpeln angeben, dass er Schmerzen hat oder sich unwohl fühlt. Diese Hunde sind gelegentlich auch einige Zeit danach noch wehleidig und stellen sich an. Dieses vererbte Merkmal sollte nicht mit dem unempfindlichen Hund verwechselt werden, denn auch wenn dieser leichte Berührungen nicht wahrnimmt, kann er durchaus mal jaulen oder angeben wenn es ihm irgendwo weh tut.
Persönlichkeitsprofil
Innerhalb des Persönlichkeitsprofils werden die Verhaltensmerkmale des Hundes im täglichen Leben beleuchtet, das Resultat aus Temperament und angelerntem Verhalten durch z.B. Training, Aufzucht oder der Einflüsse der Lebensumgebung in der der Hund lebt. Wir haben hierbei die interessantesten Eigenschaften für den Halter und Züchter im Profil aufgenommen:

- Verhalten gegenüber fremden Menschen
- Verhalten gegenüber Kindern
- Verhalten gegenüber fremden Hunden
- Verhalten gegenüber anderen Haustieren
- Verhalten im Haus
- Verhalten in einem unbekannten oder reizüberfüllten Gebiet (Stadt, Feste, Märkte, hohes Verkehrsaufkommen, Strand)
- Vokalität
- Wachsamkeit
- Reiseübelkeit
- Hantierbarkeit (Tierarzt, Fellpflege, Notsituation, etc…)
