Die Verantwortlichkeit eines Züchters – aus der ethischen Perspektive
Eben mal einen Wurf Welpen züchten – Ganz sicher nicht!
Die Zucht von Hunden (oder anderen Haustieren) ist wesentlich anspruchsvoller als mancher sich vorstellt. Es gibt immer noch Züchter (und ja, jeder darf sich heutzutage Züchter nennen) die anhand der Vorstellung „das Tier sieht hübsch und gesund aus und ist (aus eigenem Standpunkt gesehen) lieb. Dann kann ich auch züchten“. Das sollte sicherlich nicht die Basis sein, um Welpen zu züchten. Züchter von Rassehunden werden in der Regel von Vereinen oder kynologischen Instituten dazu verpflichtet, die nötigsten rassespezifischen Kriterien zu erfüllen und sich an ein paar Richtlinien zu halten bezüglich Zuchttauglichkeit, Inzuchtbestimmungen oder Mindestalter (die je nach Ermessen sehr unterschiedlich ausfallen). Man hat sich somit an die ‚Verpflichtungen‘ gehalten und damit hat es sich meistens auch. Leider lässt sich nicht alles in einer Zuchtordnung niederschreiben, somit muss jeder Züchter selbst verantworten, was er macht. Selbst die Standard Vereinsregeln sind manchen Leuten aber noch zu viel.
Zum Glück gibt es jedoch ein paar Züchter, die so wie wir der Meinung sind, dass man über gewisse (häufig veraltete) Standards und Regeln hinaus denken muss. Verantwortung in der Zucht bedeutet daher viel mehr, als nur guter Wille. Man greift nämlich unweigerlich in den Prozess der Rasseerhaltung, Entstehung, Anatomie und Gesundheit von Lebewesen ein, was zum einen durch verantwortungsbewusste und zielorientierte Zucht erfolgen sollte mit dem größtmöglichen biologischem und wissenschaftlichem Hintergrundwissen.
Wir berücksichtigen in der Zucht daher auch Aspekte wie z.B.
- Regelmäßiges informieren und weiterbilden über Forschung, wissenschaftliche Erkenntnisse und Statistiken
- Rassespezifische Population, auch bei Outcross Projekten, Verwandtschaftsgrad, sowie die Historie der Erberkrankungen innerhalb der Rasse oder einer entsprechenden Population
- Geschichte, Entwicklung und ursprüngliches Zuchtziel einer Rasse
- Genetik und Epigenetik
- Anatomie, Physiologie, Immunologie und Embryologie
- Vergleichen verschiedener Zuchtmethoden
- Fütterung und Parasitologie
- Strukturelle Aufzucht und Wesensbeurteilung von Welpen, Einschätzung des neuen Halters
- Aufzeichnungen, Analysen und Korrekturen der eigenen Zuchtlinien
- Ehrlichkeit gegenüber anderen Züchtern, neuen Welpen Besitzern und vor allem sich selbst
Ein Züchter, der auf diesem Niveau züchtet, hat natürlich viel höhere Kosten im Vergleich, durch z.B.
- Studien sowie Aus- und Weiterbildungen
- Ausführliche Untersuchungen des Hundes (DNA, Augen- oder Röntgenuntersuchungen)
- Sorgfältigste Auswahl der Zuchttiere anhand Gesundheit, Wesensmerkmalen und unverwandter Zuchtlinien (was sehr häufig mit teuren Reise- oder Importkosten verbunden ist), sowie eine ausführliche Dokumentation
- Optimale Fütterung, Training und Pflege
- Unterbringung, Versorgung und Weitervermittlung, falls ein Besitzer nicht mehr für sein Tier sorgen will oder kann
Warum wird gezüchtet?
Wenn man Menschen befragt, aus welchem Grund sie züchten möchten, erhält man unterschiedliche Antworten.
- Weil man gerne mal Welpen haben möchte (die sind ja so niedlich).
- Der Verkauf der Welpen (das bringt Geld ein).
- Den Rasseerhalt oder die Förderung einer bestimmten Zuchtlinie (prima).
Keiner dieser Aussagen ist falsch und in meisten Fällen ist es eine Kombination aus mehreren Gründen. Für Züchter von Rassehunden ist der Rasseerhalt meist der wichtigste Aspekt. Jedoch kann auch das gezielte Einkreuzen einer anderen Rasse zum Rasseerhalt oder einer Verbesserung beitragen. Ein verantwortungsvoller Züchter hat in erster Linie das Ziel, dass innerhalb einer bestimmten Population von Hunden eine Verbesserung der neuen Generationen erfolgt, z.B. der Gesundheit, Fruchtbarkeit, der Wesensmerkmale oder der Anatomie, sowie optischen Merkmalen. Blind drauf los züchten, ohne die Berücksichtigung der oben genannten Merkmale zerstört leider meistens die wertvolle Grundlage, die verantwortungsbewusste Züchter in jahrelanger Kleinstarbeit aufgebaut haben. Eine gute Selektion unverwandter Elterntiere erhöht die genetische Vielfalt. Ein Aspekt unter dem inzwischen jede bekannte Hunderasse leidet. Hierzu ist jedoch Einsicht in die vorigen Generationen notwendig. Das muss nicht unbedingt eine anerkannte Ahnentafel sein, dennoch ist eine gute Dokumentation erforderlich.
Neben den oben angegebenen Stichpunkten hat ein Züchter auch die Verantwortung für seine neu kreierte Generation Welpen, die ein guter Züchter nicht an jeden x-beliebigen Interessenten verkauft, der den angegebenen Preis zahlt und den Welpen seinem Schicksal überlässt. Bevor ein Welpe das Nest verlässt, sorgt ein guter Züchter dafür, dass der Knirps in gute Hände kommt und man sich ein entsprechendes Bild über sein neues zu Hause und auch seinen neuen Besitzer machen kann. Nur wenn Besitzer und Hund glücklich sind, ermöglicht man eine lebenslange Freundschaft und nur dann ist es möglich, dass der Welpe in einer für ihn sicheren Umgebung aufwächst und sich zu einem freundlichen und umgänglichen Hund entwickeln kann. Und sollte das mal nicht der Fall sein, sollte der Züchter auch dann noch für seinen Schützling da sein.
“The best way to predict the future is to create it.” – Abraham Lincoln